Auenlandschaft mit Geestrücken

Naturlandschaft

Trotz Urbarmachung ist die Tallandschaft wohl auch wegen der ständigen Überschwemmungen im fast ursprünglichen Zustand erhalten geblieben. Noch heute gibt es Wiesen mit reinem Riedgräserbewuchs. Da sich diese Gräser nicht als Futterpflanzen eignen, wurden die Riedwiesen früher jedes Jahr im Herbst gemäht und getrocknet und als Streugut verwandt, man sprach daher von Streuewiesen. Die kaum trocken zu bekommenden Wiesenstücke nannte man „Dubben“ = überwachsener Sumpf, schwimmendes Grasland. Heute werden Streuewiesen und Dubben kaum noch bewirtschaftet. Welche Vielfalt von Tieren hier ihren Lebensraum hatten, kann man nur noch ahnen!

Das Niedermoor

Das Flußbett der abfließenden Aue durch das Elburtal, durch die heutige Marsch, wurde mit Lu (Lühe) bezeichnet. Die Aue hat heute z. B. bei Wilke eine Breite von 5 m. Im verschlickten und versandeten Urtal der Aue, das im überwiegenden Teil des Jahres immer wieder überschwemmt wurde, bildete sich durch ständigen Wasserüberschuß und in den stehengebliebenen Wasserlachen ein nährstoffreiches Niedermoor, in dem sich vor allen Erlen ansiedelten. Die Auftorfung des Moores führte wieder zum Absterben der Erlen, weil sie mit ihren Wurzeln die wasserführenden Schichten in der Tiefe nicht mehr erreichten. Nachfolger waren Torfmoose, die später durch typische Niedermoorpflanzen, wie Röhricht (plattdeutsch: Burnpesel), Schilf, Riedgräser (Seggen), Sumpfdotterblume usw. ergänzt wurden.

Diese nasse Randmoorzone wurde in Urzeiten wegen ihrer Unwegbarkeit gefürchtet und gemieden.

Ueberschwemmung
(Ein stimmungsvoller Blick von der Aue-Brücke an der B 73 auf Postmoor beim Hochwasser im Jahre 1993)

Ein später Zecher

Noch im Jahre 1705 ist hier im Auetal ein Mann ertrunken, ein später Zecher, der vom Weg abgekommen war. Im Kirchenbuch von Horneburg vom 20.11.1705, (siehe auch die Bliedersdorfer Chronik S. 104) wird wörtlich berichtet:

„Cord Corleß alt 46 Jahr: Dieser man ist des Sonntags Morgenß für die Predigt nach Bliedersdorff gangen, und als er abends, etwa umb 7 Uhr aus Deen, deß Krügerß in Bliedersdorff Hause weggegangen, ist er auf solcher Wiederkehr in dem finstern abend von dem Hornebürgischen wege abgekommen, und nach der Düringsschen Mühlen=Dam gerathen, und ist bey Anfang des Dammeß in einen Graben gestürzet, und deß anderen Morgenß in dem Waßer stehend todt gefunden worden.“

Die Aue

Das Fließgewässer Aue war mit Fischen reich gesegnet: Aal, Hecht, Bachforelle (Weißforelle) oder Bachneunauge waren in großen Mengen zu finden. Auch kleine Stichlinge mit Stachelflossen, bei denen das Männchen zur Laichzeit buntgefärbt aussieht (Hochzeitskleid), gehörten zur großen Fischfamiie der Süßwasser-Aue. Als Kinder fingen wir mit den bloßen Händen Stichlinge und verwahrten sie in einem großen, wassergefüllten Einwegglas. Auch die Wollhandkrabbe, 1912 aus China eingeschleppt, machte sich im Süßwasser der Aue breit. Sie war mit ihren dichtbehaarten Scheren und Beinen ekelerregend. Ich weiß noch, daß wir Kinder uns beim Baden vor diesen Viechern gefürchtet und geekelt haben. Wenn Willi Weichert, früherer Einwohner von Postmoor, mit dem Boot seine Aalkörbe gezogen hatte, so gehörten neben Aalen auch zahlreiche Wollhandkrabben zu seinem Fang. Die Wollhandkrappen wandern zur Fortpflanzung wie die Aale ins Meer. Aale wurden viel gefangen. Noch in der Zeit, als unsere Väter beim Kleigraben Schlick und Modder auf's Stück (auf die Wiese) warfen, gelangten zahlreiche Aale mit an Land, die wir als Kind mit den bloßen Händen fangen mußten; das war nicht immer ganz leicht, da sie ja so glitschig und wendig waren, und manch einer war schnell wieder im Wasser. Manch voller Eimer aber kam zu Muttern für Aalsuppe und Smuttaal nach Hause. Eine wahre Delikatesse für den sonst nicht so üppigen Speiseplan.

Der Geestrand zum Auetal
- die Geest = güst = trocken -

Zwischen den Anhöhen des Töfen- und des Hangkamps erstreckte sich eine Niederung bis in die Teichlandschaft von Herwig Mehrkens. Im 18.Jh. gehörten diese Teiche zum Besitz des Adeligen von Schulte und wurden mit „Gretchenwartsteiche“ bezeichnet. Das Grundwasser aus diesen Kamps sowie Oberwasser von ihren Hängen drängte von den Wasserscheiden durch diese Niederung in die Teiche und weiter zur Aue. Auch von den uns zugeneigten Flächen der Ländereien des Schragenbergs und "Auf dem Siedenkamp" suchte das Wasser über eine langgezogene Mulde oberhalb der Kamps seinen Weg in Richtung Aue. Noch heute leiten die in der Urzeit gewachsenen Wasserscheiden das Wasser, allerdings durch Menschenhand teilweise beeinflußt, in diese Richtung. Zwischen Auetal und den dorthin flach auslaufenden Hängen wie auch auf den sandigen Flächen der Kamps zierten große Heideflächen (Besenheide) unseren Landstrich. Regelmäßig wurden diese Heideflächen von Schafen beweidet. Nur wenige Relikte dieser Besenheide säumen noch heute den Koppelweg am Talrand zwischen Hang- und Aaskamp.

Ortsbestimmende Kamps

Kamp heißt soviel wie abgegrenztes Ackerland, waldfreie Feldmark.

Im Bereich des heutigen Postmoor erstreckt sich zum Auetal abfallend eine leichte Hügellandschaft. Zwei Landzungen, die später mit "Tövershen-Kamp (Töfenkamp = nd: warten)" und "Auf den Hann Kamp (Hangkamp)" bezeichnet werden, bilden zusammen mit dem Auetal den Standort unserer späteren Ansiedlung. Sie sind ortsbestimmend für uns. Wenn wir uns einmal die Dorfstraße und die Einmündung zum Hangkamp, die künstlich aufgeschütteten Dämme der Eisenbahn und der B73 sowie Abgrabungen und die Bebauung wegdenken und uns nur an den natürlich ansteigenden Höhen orientieren, so sind noch heute die Konturen der Urlandschaft gut zu erkennen.

Postmoor um 1700

Inmitten der weiten Heide- und Sandflächen bewirtschafteten bereits Bliedersdorfer Bauern, u. a. die Vorfahren von Edgar Bellmann, Ackerflächen auf der sog. "Bliedersdorfher Länderey". Die Kurhannoverische Landeskarte zeigt sogar, in welche Richtung gepflügt worden ist. Noch heute sind größtenteils diese Pflugrichtungen beibehalten worden. Alle Kamps weisen unterschiedliche Richtungen auf.

Am 15. April 1709 wurde für das Horneburger Gut 5 (von Schulte/Ido von Düring / Ulmenstein) eine Höfebeschreibung ausgefertigt, die den seit 1617 bestehenden Zustand wiedergibt.

Folgende genannte Bauern hatten damals Ländereien in Postmoor:

Stand 1709
Stand heute (Erbfolge)
Hinrich Dammann , *1669 +1731 Heino Dammann, Hauptstr. 55 (Argentinien)
Johann Bellmann ,*1640 +1733 (93 Jahre) Hermann Ropers (Vorfahre von Edgar Bellmann)
Christoffer Richers, *1646 +1723 H. Heinrich Steffens, Daudieker Weg 30
Hein Peters, *1678 +1710 Heinrich Elmers, Lohfeld
Claus Richers, Hein’s Sohn, *1667 +1740 Hofstelle, Daudieker Weg 36
Meinke Ragtken (Ratjen) *1648 +1721 Gesche Dammann, Hauptstr. 36
Jürgen Engelken, * 1670 +1733 Hans-Hinrich Poppe, Hauptstr. 34
Dionys Dammann, *1675 +1749 Albert Gieseler’s Erben
Die Ackerflächen (Kamp) waren umrahmt von großen „gemeinen “ Heideflächen (Gemeine = Allmende= Dorfgemeinschaft). Die Ackerflächen waren in Stücke eingeteilt und nach Himpten bemessen (1 Horneburger Himpten = 32,83 Liter = ca. 22 Kg Roggen = ½ Morgen). Dieser leichte, sandige und steinige Boden galt im Gegensatz zur Marsch als ärmlich. Das Ackerland brachte nur wenig ein. „Trug doch der Boden nur jedes 5. oder 6. Korn, und das auch nur in den günstigeren nassen Jahren“, wie über unseren Geestboden geschrieben steht. Was hier - in der Regel für den eigenen Bedarf - angebaut wurde, waren Roggen, etwas Weizen, Gerste, Hafer, Buchweizen und Lein, aber auch Kartoffeln und Wurzeln.

 

Veränderung der Kamps
im Laufe der Zeit

Der Töfenkamp mit seinen Ausläufern ist heute von Mehrkens/Höft/Bollmeyer bis Blohm/Rieger bebaut. Von Höft bis Blohm wurde die gewachsene Anhöhe bis zu Bollmeyer/Sandberg abgetragen. Mit der Trassierung der Straße nach Bliedersdorf im Jahre 1847 begann im größerem Umfang auch die Sandabfuhr aus der Sandgrube am Hangkamp.

Der Hangkamp grenzt noch heute unbebaut nordwestlich direkt an die Auewiesen und westlich bis an den Aaskamp. Dieser Teil des Hangkamps steht zusammen mit dem Auetal unter Landschaftsschutz.

Unser kleiner schöner Wanderweg um den Hangkamp verbindet das Auetal mit der Geest. Er wird gerne als Spazierweg in Anspruch genommen. "Eenmool um Pudding, wi wi so seggen doot".

Brüggmann, Klindworth (Fick) und Bellmann bauten als erste auf den Anhöhen des Hangkamps.

Geburtsstunde der Hangkamp - Siedlung

In der Ratssitzung am 29. Januar 1947 hatte Ratsherr Johannes Feindt aus Postmoor angeregt, „die abgegrabene Fläche der Sandkuhle in Postmoor, welche der Gemeinde Bliedersdorf gehört, zu Siedlungsbauten zur Verfügung zu stellen. Dieser Vorschlag wurde einstimmig von der Gemeindevertretung angenommen“, usw.

Der Architekt Friedrich Gerken aus Buxtehude brachte die Planungsabsicht zum Erfolg.Und somit entstand von 1948 bis in die 50er/60er-Jahre in der abgetragenen Sandgrube der erste Abschnitt der Hangkamp-Siedlung. Ab 1970 folgte die Bebauung der anderen Straßenseite auf den Ackerflächen von F. Höft, H. Rieger u. J. Feindt. Mit der Fertigstellung des Hauses Elzer im Jahre 1978 galt die Ansiedlung des Hangkamps als abgeschlossen ergänzt allerdings noch 1994/95 durch ein Fünffamilenhaus mit der Hs. Nr. 2.

Landschaftsschutzgebiet

Am 13.06.1980 wurde das Auetal zum Landschaftsschutzgebiet - STD 5 - erklärt. Es umfaßt eine Größe von 2.589 ha. Heute ist man bemüht, weite Teile des Auetales unter Naturschutz zu stellen. Das Land Niedersachsen erwirbt z.Zt. jährlich Flächen im Werte von ca. DM 1 Mio. Die Landwirte erhalten Preise von DM 0.80 bis. 1,00 je m². Auch haben sich Landwirte z. B. in Issendorf zur Existenzsicherung die Auewiesen gegen gutes Ackerland 1:1 tauschen lassen.

Heute kann man bestenfalls noch erahnen, wieviel Mühe und Schweiß es gekostet hat, das Niedermoor der Aue in fruchtbare Kulturwiesen zu verwandeln. Durch Entwässerungsarbeiten und sonstige Bodenverbesserungen, wie z. B. durch jährlich wiederkehrendes Sandauffahren in den Wintermonaten wurde dieses Ziel unter großen Anstrengungen erreicht. Heute erleben wir, wie die von unseren Vorfahren vor 200 Jahren kultivierte Landschaft wieder zur ursprünglichen Naturlandschaft zurückentwickelt wird.


(Sandabfuhr: Kinder aus Postmoor mit Johannes Blech)

Naturschutzgebiet
Aueniederung und Nebentäler

Aus dem Landschaftsschutzgebiet "Auetal" zwischen Kakerbeck und Horneburg wurden 755 Hektar in einer Breite von 500 bis maximal 1000 m unter Naturschutz gestellt. Die größte Breite von 1 Km erreicht das Schutzgebiet bei Postmoor. In einer Feierstunde am 30.06.1997 beim Gut Daudiek verlieh Umweltministerin Monika Griefahn offiziell den Naturschutzstatus für das Gebiet "Aueniederung und Nebentäler". Gleichzeitig startete der "Verein zur Förderung von Naturerlebnissen unter der Schirmherrschaft von Hiltrud Schröder das Programm "Naturerlebnis Auetal". Der Eisvogel, der in geringer Anzahl hier noch lebt, wurde mit den Worten von Frau Schröder: "wo er überlebt, können auch unsere Kinder leben" zum Wappentier für das Auetal erklärt.

Eisvogel im Auetal
(Der Eisvogel - das Wappentier des Auetales)


Es soll Wildnis nach Plan im Tal der Aue werden! Hier sollen sich wieder großflächig Auen- und Bruchwälder, Röhrichte sowie Quellbiotope bilden. Hybridpappeln, Fichten u.a. für diese Niederungen untypischen Gehölze behindern eine naturnahe Entwicklung der Bruchwälder und müssen daher gefällt und sollen durch standorttypischen Gehölze wie z.B. Schwarzerlen, Weiden, Gagelstrauch usw. ersetzt werden.

Die gesamte Aueniederung soll durch Wasserstau wieder zu einem Feuchtgebiet wie in Urzeiten werden und großflächig sich selbst überlassen bleiben. Die bisherigen Entwässerungsgräben sind inzwischen durch Abhub von den Wiesen- und Weidenflächen eingeebnet worden. Überschwemmung ist erwünscht! Nur bestimmte Abzugsgräben wurden belassen beziehungsweise werden neu angelegt. In Postmoor z. B. wurde der Abzugsgraben entlang des "Dürings-Damm" belassen, weiter um den Hauerplatz herum neu verlegt, mit dem Abzugsgraben entlang des "Mühlen-Damm" verbunden und dann zur alten Aue entwässert.

Der Verein zur Förderung von Naturerlebnissen bietet den Auetal-Besuchern fünf Lehrpfade im Schutzgebiet an. An den Ausgangspunkten hat er Hinweisschilder und Kästen mit Informationsschriften aufstellen lassen. Auf dem Info-Pfad entlang des Flusses erfährt der Beobachter mit Hilfe durch aufgestellte Pfähle, auf den verschiedene Buchstaben verzeichnet sind, in welcher Art von Landschaft er sich befindet. Die unterschiedlichen Biotope werden durch folgende Buchstaben gekennzeichnet:

  • F = Fliessgewässer
  • U = Uferstauden
  • N = Natürliche Entwicklung (Brachland)
  • B = Bruch- und Auwald
  • R = Röhrichte
  • G = Grünland
  • W = Wälder am Geestrand
  • S = Sandwege
  • E = Geesthügel aus der Gletscherzeit

Das Naturschutzgebiet "Aueniederung und Nebentäler" wurde gemäß Antrag des Landes Niedersachsen vom 15.06.1997 in das europäische Schutzgebietssystem der "Natura 2000-der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) aufgenommen.

Die Aue wird als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen, dass beschloss der Umweltausschuss des Landkreises Stade. Lt.Tageblatt vom 05.12.2006. werden die Flächen rechts und links der Aue von Ahrensmoor bis zum Mittelkanal in Horneburg als Überschmemmungsgebiet geführt. In diesem Bereich darf nicht gebaut, und das Grünland darf nicht für den Ackerbau umgebrochen werden.Ein alter Kampf zwischen Geest und Marsch wird hiermit einer Befriedung zugeführt.

In der Sitzung am 09.07.2007 beschließt der Kreistag einstimmig dass die Auelandschaft zwischen Ahrenswohlde und dem Horneburger Mittelkanal als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen wird und erlässt eine entsprechende Verordnung. Die neue Verordnung ist in den Ratshäusern und beim Kreis einzusehen. Der Kreis vollzieht damit eine neue Bundesregelung zum Hochwasserschutz.

In Liebe zu Postmoor

Heinrich Voigt beschreibt in liebevoller Weise sein Postmoor in dem Gedicht „Heimat“

Heimat

Über Felder, über Wiesen
Schweift mein Blick ja hier nur hin;
Doch die Scholle kann ich lieben,
Wo ich Kind gewesen bin.
Nimm mich auf und sei mein Hort,
 Du, mein lieber Heimatort!

Meine Heimat hoch in Ehren
Halte ich auf jeden Fall;
Viel kann mir die Welt gewähren,
Schönheit herrscht ja überall,
Doch am schönsten ist es dort,
Wo ich Kind, im Heimatort!

Wohl die Welt ist zu bewundern,
Groß und herrlich die Natur;
 Doch wo immer ich gewesen,
Dachte ich das eine nur:
Mir am liebsten immerfort
Ist mein kleiner Heimatort.

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