Besondere Schulprobleme


Der schlimme Schulweg

Seit Bestehen von Postmoor mußten die Kinder in die zweistufige Schule von Bliedersdorf gehen. Das Schlimmste für die Kleinen war der Schulweg. Viele Höhen und Tiefen mußten sie auf ihrem langen Weg bei Wind und Wetter dorthin zurücklegen. Besonders im Winter bei Eis und Schnee und eisiger Kälte war es bestimmt kein Vergnügen, die Schule zu besuchen. Später, als die Straße auf gleicher Höhe ausgebaut war, hatten sie im Winter oft das Problem, die Schneeverwehungen zu überwinden. Und das vielfach noch in Holzpantinen. Trotzdem haben sie viel Spaß gehabt.

Die Erstkläßler waren noch mit Schiefertafel und Schreibgriffel ausgerüstet. Mit abgewetzten Schultornistern, aus denen an gehäkelten Bändern die Tafelschwämme heraushingen, trollten sie lustiger Dinge ihres Weges. In der Schule lernten sie u. a. noch an einer holzkugelbestückten Rechenmaschine das Rechnen. Lesen und Schönschreiben in Sütterlinschrift (1935/-1941) „rauf, runter, rauf, Pünktchen drauf“ stand ebenfalls auf dem Stunden-plan. „In’e Lüttschool“ gingen die Jahrgänge 1 bis 4, die Älteren gingen in die „Grootschool“. Es gab auch hin und wieder noch „Rapse“, was heute verboten ist.

Aber auch der Schulweg nach Horneburg war nicht ohne Tücken, überhaupt, wenn der vorgegebene Schulweg nicht eingehalten wurde. Es Tages im Winter als wir zusammen mit Erich Brüggmann auf dem Weg von der Schule nach Hause gingen, stolzierten wir im Schnee durch die Wiesen des Moorkamps -gegenüber von der Vordermühle-. Und als wir dachten, „das Eis, es muß ja tragen, wer weiß“, saß Erich Brüggmann schon bis über beide Ohren im Graben. Nur seine Pudelmütze war noch zu sehen. Oh, welcher Schreck! Mit all unserem Mut haben wir ihn aber gemeinsam herausgefischt und mit steifgefrorenem Zeug -“der Bub, der hat getropfet“- nach Hause begleitet.

Vieles hat sich von gestern zu heute verändert. Heute besuchen die Kinder eine moderne Grundschule, mit Standorten in Bliedersdorf und Nottensdorf. Schon ab der 5. Klasse müssen die Kinder nach Horneburg in die Orientierungsstufe. Wegen der langen Schulwege und der Verkehrsgefährdung werden sie mit dem Bus transportiert.

Lausige Zeiten

Während des ersten Weltkrieges und auch noch eine Zeitlang hinterher war es keine Seltenheit, daß Kinder Kopfläuse hatten. Obwohl Mütter gerade ihren Töchtern täglich das lange Haar auskämmten, blieb es nicht aus, daß immer wieder neue auftauchten oder winzige Lauseier übersehen worden waren. Bei den Jungs war es ein bißchen anders, ihnen wurde radikal das Haar zur s. g. Glatze abgeschnitten. Meine Schwester, Jahrgang 1910, erzählte, daß sie während der Unterrichtsstunde vom Kopf des vor ihr sitzenden Mädchens Läuse mit dem Federhalter aufgespießt und im Tintenfaß ersäuft hätte. Dabei wäre es auch vorgekommen, daß Läuse es überstanden und mit einer hinterlassenen Tintenspur das Weite gesucht hätten.

Postmoorer Kinder als Spielball
im Streit mit dem Lehrer

Der Streit, um Lehrer Müller loszuwerden, hatte sich derart zugespitzt, daß der Rat der Gemeinde und der Schulvorstand, dem u. a. der Postmoorer Bürger Jacob Bohlmann angehörte, am 27.02.1927 in getrennten Abstimmungen beschlossen hatten: „...daß der Ortsteil Postmoor mit Horneburg zu einem Gesamtschulverband vereinigt werden soll und daß dann eine Schulklasse in Bliedersdorf eingezogen werden soll.

In der Sitzung am 26.03.1927, in der auch der Schulrat Sommer und der Landrat Cornelsen zugegen sind, beschließt der Rat: „...daß die schulpflichtigen Kinder vom Ortsteil Postmoor gastschulweise nach Horneburg eingeschult werden. Wir setzen dabei voraus, daß die mit dem Flecken Horneburg getroffenen vorläufigen Vereinbarungen rechtsgültig werden. Wir bitten die Schulaufsichtsbehörde baldmöglichst eine Lehrerstelle einzuziehen, was wir hiermit dem selben Stimmenverhältnis beschließen“. Am 11.08.1929 nimmt der Rat der Gemeinde Bliedersdorf den Beschluß vom 26.03.1927 einstimmig zurück; er verzichtet auf den Abbau einer Lehrerstelle und die Umschulung der Kinder vom Ortsteil Postmoor nach Horneburg. Lehrer Müller will man aber trotzdem loswerden.

Das leidige Schulgeld

Schon im Jahre 1908 gab es zwischen den Gemeinden Bliedersdorf und Horneburg Knatsch wegen Zahlung des Gastschulgeldes. Dieser Streit zog sich bis in die 50er Jahre hin.

1908 fing es an:

"Drei Familien der politischen Gemeinde, nämlich: Gastwirt Albert Brüggmann, Mühlenbesitzer Albert Gieseler und Bahnwärter Johann Brandt, sämtlich in Postmoor, haben seit langen Jahren, besonders die ersten beiden, nach Horneburg ihre Kinder in die Schule geschickt.

Die drei Familien haben zusammen augenblicklich 5 schulpflichtige Kinder. Da jedoch Horneburg jetzt für jedes der genannten Kinder 36 M Gastschulgeld, also im ganzen 180 M, jährlich verlangt, sollen diese Kinder auf Antrag des Bliedersdorfer Schulvorstandes wieder nach Bliedersdorf eingeschult werden. Dieser Antrag, der an den Provinzialrat in Hannover zur Entscheidung eingereicht ist, ist aber noch nicht erledigt."

Die Frage des Schulgeldes und ihre Höhe für Postmoorer Kinder sollte zwischen Bliedersdorf und Horneburg immer wieder zum Zankapfel werden. Am 16.08.1932 einigte man sich auf 48 M pro Kind; für damals drei Kinder aus den o. g. genannten Häusern musste Bliedersdorf 144 M überweisen. Für die übrigen Kinder aus Postmoor, die auf freiwilliger Basis nach Horneburg in die Schule gingen, mußten die Eltern selbst gleichhohe Gastschulbeiträge zahlen. 1940 besuchten vier Kinder aus den Häusern jenseits der Umgehungsstraße die Schule in Horneburg.

Vor der Währungsreform bis 1951 war die Zahlung des Schulgeldes erneut unterblieben, obwohl nur 27 DM pro Kind berechnet worden waren. Von 1946 bis 31.3.1951 hatte sich eine Forderung (teilweise abgewertet) von 648.-- DM aufgesummt. Da Bliedersdorf nicht zahlen wollte, schaltete der Flecken Horneburg die Aufsichtsbehörde des Landkreises Stade ein. Der Landkreis bezog sich auf die vertragliche Vereinbarung von 1908 und verfügte am 06.03.1952 die Zahlung. Eine der Gemeinde Bliedersdorf zustehende Zuweisung vom Landkreis wurde gleich mit verrechnet. Der Rat der Gemeinde Bliedersdorf hat daraufhin am 01.02.1951 die Aufhebung der o. g. Vereinbarung mit Horneburg beschlossen.

Schulklasse 1934
(Kinder aus Postmoor gingen in Horneburg zur Schule. Bild aus dem Jahre 1934)

Handarbeitsunterricht

Am 20.01.1932 beschloss derGemeinderat: „Für Handarbeitsunterricht wird ab 01. Januar 1932 eine Reichsmark bezahlt.“

Die Postmoorerin, Margarethe Grewe, geb. Steffens, erteilte bis 1948 an der Bliedersdorfer Schule Handarbeitsunterricht. Nachfolgerin wurde Maria Hungerberg aus Postmoor, die liebevoll „Tante Mimi“ genannt wurde. Bis zu ihrem Umzug nach Harburg im Jahre 1957 hat sie dieses Amt ausgeübt.

 


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